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Heuking Kühn Lüer Wojtek


Update IP, Media & Technology

Nr. 41 | 14.06.2021


Auskunftsanspruch eines Diensteanbieters auch bei rein internen Bewertungen der Nutzer auf einem Online-Marketplace
Dr. Ruben A. Hofmann


Die Möglichkeit seine Produkte über einen Online-Marketplace zu vertreiben hat im Laufe der letzten Jahre, nicht zu durch die Pandemie, für den Handel mehr und mehr an Bedeutung gewonnen. Um ihre Produkte und ihren Service stetig optimieren zu können, sind die einzelnen Händeln auf dem Marketplace auf die in der Regel öffentlich zugänglichen Bewertung ihrer Kunden angewiesen. Sie können damit Fluch und Segen in einem sein.

Doch was ist zu tun, wenn die „schädlichen“ Kundenbewertungen lediglich intern vom Betreiber der Seite eingesehen werden können und lediglich aus der reinen Bewertung ohne weiteren Informationen zu den Beschwerdeführern bestehen?

Das Oberlandesgericht (OLG) Köln hat mit seinem Beschluss vom 11.03.2021 (Az.: 15 W 10/21) nun klargestellt, dass auch eine rein interne Bewertung einen rechtswidrigen Inhalt im Sinne des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes (NetzDG) darstellt und somit der ein Auskunftsanspruch gegen den Diensteanbieter besteht.


Der Fall

Den Hintergrund dieser Entscheidung des OLG Köln bilden zwei Anträge eines Unternehmens aus dem Bereich der Matratzen-Industrie auf Anordnung der Zulässigkeit der Auskunft des Betreibers eines Online-Marketplaces, um einem Verdacht auf missbräuchliche und damit ehrverletzende Kundenbeschwerden nachzugehen.

Begründet wurde dieser durch die Entfernung zahlreicher Angebot der Antragstellerin aufgrund von intern bei dem Betreiber des Online-Marketplaces eingegangen Kundenbeschwerden. Diese rügten zum einen den Zustand der Ware und zum anderen allgemeine Verstöße gegen die Angebotsrichtlinien ohne darüber hinaus genauere Angaben zu machen.


Der Beschluss des OLG Köln

Das OLG Köln hat die Zulässigkeit des Auskunftsbegehrens des Unternehmens gegen den Betreiber des Online-Marketplaces aus § 14 Abs. 3 u. Abs. 4 TMG hinsichtlich der Bestandsdaten der Nutzer angenommen, da auch im Rahmen von bilateral bleibenden Beschwerden ehrverletzende Tatsachenbehauptung erfolgen können und damit eine Persönlichkeitsverletzung im Internet vorliegt. Allerdings wäre nach Ansicht des Senats nur der erste Antrag begründet gewesen. Den zweiten Antrag des Unternehmens wies das Gericht wegen fehlender Bestimmtheit zurück.

Im Rahmen seiner Entscheidungsfindung hatte das OLG Köln sich mit den folgenden Problemen auseinander zu setzen:

Zunächst stellte das Gericht klar, dass § 14 TMG nicht nur auf die Betreiber sog. sozialer Netzwerke, sondern auf alle Diensteanbieter i.S.d. § 2 Nr. 1 TMG Anwendung findet. Der Betreibereigenschaft steht es ferner nicht entgegen, dass der rein technische Betrieb des angebotenen Telemediendienstes durch einen Dritten erfolgt. Dies gelte solange, wie das Angebot weder durch den Dritten gesteuert noch durch diesen bestimmt werde.

Weiterhin gehören nach Ansicht des OLG Köln grundsätzlich auch der gesamte Inhalt von Kundenbeschwerten unter Angabe des vollständigen Wortlauts zu den nach § 14 TMG herauszugebenden Bestandsdaten. Dieser Umstand ist auf die Besonderheit eines Online-Marketplaces zurückzuführen, welcher neben seiner Funktion als Kommunikationsmittel auch durch Bereitstellung von verschiedenen Interaktions- und Beschwerdemöglichkeiten gekennzeichnet ist. Somit unterscheidet sich ein solches Angebot eindeutig von klassischen Online-Shop, aus deren Bestandsdaten rein inhaltsbezogene Daten auszuklammern sind. Allerdings, so das Gericht, ist jedoch in jedem Fall zu prüfen, ob sich ein materieller Auskunftsanspruch, als Zulässigkeitsvoraussetzung für § 14 Abs. 3 TMG, auch auf diese Daten erstreckt.

Darüber hinaus hatte sich der Senat auch mit der Fragestellung zu beschäftigen, ob rein interne Inhalt aufgrund ihrer mangelnden öffentlichen Zugänglichkeit überhaupt als „rechtswidrige Inhalte“ im Sinne des § 1 Abs. 3 NetzDG einzuordnen sind. Ausgehend von der Definition des Inhaltsbegriffs in § 1 Abs. 1 NetzDG seien hierunter nur allgemein im Internetz der Öffentlichkeit zugänglich gemacht Inhalte zu verstehen. Allerdings verwies das Gericht in seinen Erwägungen auf die Entscheidung des BGH von 24.09.2019 (Az. VI ZB 39/18). In diesem stellte der BGH klar, dass die Auskunftsanordnung aus § 14 Abs. 4 TMG sich auch auf Fälle erstreckt, in denen private Nachrichten mit ehrverletzenden Inhalten an einzelne Nutzer verschickt worden sind.

Nur so seien alle Rechtsverletzungen im Internet im Zusammenhang mit der Nutzung von Telemedien zu erfassen. Dieser Gedanke greift nach Ansicht des OLG Köln auch bei unwahren und ehrverletzenden Tatsachenbehauptungen im Rahmen von bilateral bleibenden Beschwerden gegenüber dem Betreiber eines Marketplaces. Der Umstand, dass die genauen Inhalte der persönlichkeitsverletzenden Äußerung bisher der Antragstellerin gar nicht bekannt und als solche erst Gegenstand des Auskunftsverlangens sind, hindert die Gestattung nicht.

Ergänzend stellte das OLG Köln fest, dass im Rahmen eines materiellen Auskunftsanspruchs gegen den Diensteanbieter nach § 242 BGB eine Rechtsbeziehung zwischen diesem und dem Antragssteller nicht allein über § 14 Abs. 4 TMG begründet werden kann. Es handelt sich bei dieser Norm ausschließlich um eine datenschutzrechtliche Erlaubnisnorm.

Im Ergebnis gehören somit auch interne der vollständige Wortlaut von interen Kundenbewertungen zu den Bestandsdaten einen Online-Marketplaces, da auch in diesem Fall eine Verletzung von Persönlichkeitsrechten im Internet vorliegen kann.

Autor


Dr. Ruben A. Hofmann ist Rechtsanwalt und Partner bei Heuking Kühn Lüer Wojtek und Mitglied der Praxisgruppe IP, Media & Technology.

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